„Die selbstbestimmte Dialyse ist für mich das Nonplusultra“

Wenn die Nieren versagen und eine Dialysebehandlung lebensnotwendig wird, gehen Patientinnen und Patienten in der Regel dreimal wöchentlich für mehrere Stunden zur Behandlung in eine ambulante Dialyseeinrichtung. Es geht aber auch anders: Der KfH-Patient Jörg Rockenbach führt die Dialysebehandlung seit 20 Jahren selbständig zuhause durch. Fakt ist aber auch: Die Heimdialyse wird in Deutschland derzeit noch wenig genutzt, obwohl sie oftmals für Betroffene mehr Lebensqualität bedeutet.

Neu-Isenburg/Köln. Mit 16 Jahren wurde bei Jörg Rockenbach eine chronische Entzündung der Nierenkörperchen festgestellt. Im Jahr 2003 führte die fortschreitende Erkrankung dazu, dass seine Nieren versagten und er regel-mäßig für mehrere Stunden zur Dialysebehandlung in das KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim ging. Schnell entschied er sich für die selbständige Durchführung der Behandlung zuhause und ließ sich vom KfH-Team hierfür trainieren.

Seit nunmehr 20 Jahren führt der heute 53-Jährige die Dialysebehandlung in den ei-genen vier Wänden durch: „Die selbstbestimmte Dialyse zu Hause ist für mich das Nonplusultra“, betont Jörg Rockenbach. Seine Überzeugung spiegelt sich auch in seinem Engagement für den Verein „Heim Dialyse Patienten e.V. (HDP)“ (www.hdpev.de) wider, dessen Vorsitz er 2016 übernommen hat.

„Dialysezeit ist Lebenszeit“

Statt dreimal in der Woche (wie bei der Behandlung in einem Dialysezentrum üblich) führt Rockenbach seitdem die Behandlung an sechs Tagen in der Woche durch. Dadurch wird eine kontinuierlichere und schonendere Entgiftung des Körpers erreicht. „Dialysezeit ist für mich Lebenszeit: Ich fühle mich nicht krank, bin aber zeitlich eingeschränkt, da ich jeden Tag vom ersten bis zum letzten Handgriff viereinhalb Stunden für die ‚Körperpflege‘ aufwenden muss“, erzählt er. Seine körperliche Fitness gibt ihm recht.

Nach 20 Jahren Heimdialyse fährt er bis zu 4.000 Kilometer jährlich ohne elektrische Unterstützung mit dem Fahrrad. Seine Leidenschaft für das Fahrradfahren ist auch im KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim bekannt. Zu seinem „Dialyse-Jubiläum“ überreichte ihm sein behandelnder Arzt Dr. med. Frank Merkel ein Fahrradtrikot mit einem selbst entworfenen Motiv. Dies stellt die beiden Elemente, die für den Patienten eine große Bedeutung haben, da: Das Fahrrad und die Dialyse. „Jörg Rockenbach ist ein gutes Beispiel dafür, dass Heimdialyseverfahren das Leben mit einer chronischen Nierenerkrankung erleichtern. Man ist damit in der Regel zeitlich flexibler, kann die Behandlung besser in den Alltag integrieren und muss weniger strenge Ernährungsvorschriften beachten. Damit steigt die Lebensqualität“, fasst Dr. med. Frank Merkel die Vorteile der Heimdialyse zusammen.

Heimdialyse

Rund 95.000 Menschen sind in Deutschland wegen eines chronischen Nieren-versagens auf eine Nierenersatztherapie angewiesen. Die meisten von ihnen gehen in eine ambulante Dialyseeinrichtung. „Nur knapp sieben Prozent der Be-troffenen werden derzeit mit Heimdialyseverfahren behandelt. Im internationalen Vergleich ist die Heimdialyse in Deutschland unterrepräsentiert“, berichtet Dr. med. Benno Kitsche, Geschäftsleiter für die Weiterentwicklung und Förderung der Heimdialyse im KfH und ebenfalls leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim. Immerhin, so Kitsche, lege im KfH der Anteil aktuell bei zehn Prozent, also über dem Bundesdurchschnitt. Kitsche geht aber künftig von deutlichen Steigerungen aus.

Neben den Vorteilen für die Patientinnen und Patienten seien auch der Fachkräftemangel sowie die Einsparung von CO2-Emissionen z. B. durch den Wegfall von Transportwegen zur Dialysebehandlung Argumente für die Behandlung zuhause: „Die Heimdialyse wird an Bedeutung gewinnen. Sie ist das Verfahren der Zukunft.“ Die Entwicklung kleinerer, mobiler und wasser- sowie energiesparender Dialysegeräte werde insbesondere zu einer Steigerung der Heimhämodialyse führen, die derzeit noch deutlich hinter der Peritonealdialyse liegt.

Foto: KfH