Kreis Lippe/Berlin. Am Ende einer intensiven und leidenschaftlichen Debatte über das neue Bürgergeldes, steht im Bundestag die Abstimmung an. Mit ihrer Mehrheit bringen die Abgeordneten der Ampel-Koalition das wichtige und richtungsweisende Projekt auf den Weg. “Ich freue mich gewaltig, Zeitzeuge einer richtungsweisenden politischen Entscheidung gewesen zu sein”, sagt ein Lipper stolz, der das Geschehen oben auf der Besuchertribüne des Bundestags verfolgt.

Der Mann gehört zu einer 50-köpfigen Reisegruppe, die auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Berghahn nach Berlin gereist ist. Drei Tage verbringen er und die anderen Lipperinnen und Lipper in der Hauptstadt. Und auch wenn Jürgen Berghahn noch Änderungen im Bundesrat erwartet, ist das Gesetz “auf den Weg gebracht”.

Trotz des prall gefüllten Abstimmungsprogramms im Plenum über 12 Stunden an diesem Tag, nimmt sich Berghahn die Zeit, die Gruppe zu begrüßen und von seiner Arbeit in Berlin zu berichten. So erfahren alle, wie anstrengend und geistig fordernd ein Sitzungstag verläuft und wie viel Arbeit und Gesprächstermine als Vorbereitung für die Entscheidungsfindung vor den vorgesehenen Abstimmungen vonnöten sind. Jürgen Berghahn ist stellvertretender Fraktionssprecher für Verkehrspolitik. “Hier geht es um alle Fragen für die Verkehrsplanung auf dem Lande, auf dem Wasser und in der Luft. Die für den zukünftigen Ausbau dieser Verkehrswege notwendigen Geldbeträge sind wegen der allgemein steigenden Preisen kaum zu kalkulieren und erfordern ständig neue Orientierung und dazu vor allem Gespräche, Sitzungen, Gruppenabstimmungen und Konsensbildungen”, berichtet Berghahn.

Diese Belastungen führten eine Teilnehmerin zu der folgerichtigen Frage. “Was tust Du denn da für Deine Gesundheit?” Berghahn antwortete, dass er im Unterschied zu seiner Landtagstätigkeit heute viel mehr gehen müsse. Sämtliche Wege seien schon wegen der Größe der Gebäude enorm weiter. Allein sein Abgeordnetenbüro sei ein Kilometer vom Parlament und den Fraktionsräumen entfernt. “Da kommen täglich mehr als zehn Kilometer Fußweg zusammen. Die wirkliche Erholung finde ich bei meiner Familie und in Lippe”.

Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hatte ein eng getaktetes “Lernprogramm” für die aufgeschlossene Gruppe zusammengestellt. Dazu gehörte beispielsweise ein Besuch beim Bundesministerium für Zusammenarbeit und wirtschaftliche Entwicklung. Diese meist in der Stille arbeitende Großbehörde agiert mit ihren 20 Referaten weltweit, meist in Entwicklungsländern. Die Spannbreite der Projekte, Unterstützungen und Maßnahmen für eine “bessere Welt” zeigte ein Referent in einer Power-Point-Präsentation. Dabei überzeugte er die überwiegend älteren Besucherinnen und Besucher, dass die Investitionen und Bezahlungen der zur Realisierung beauftragten Unternehmen und Gruppen kontrolliert würden. Die oft geäußerte Kritik, reisende Bundesminister verschleuderten großzügig Entwicklungsgelder bei ihren Reisen, sei komplett falsch. In der folgenden Diskussion erweiterten die Anwesenden ihren Wissensschatz erheblich.

Eine zum Teil weit in die Geschichte zurückführende Einsicht vermittelte der Besuch der ständigen Ausstellung “Flucht und Vertreibung”. Sie ergriff die Gäste besonders intensiv, weil zahlreiche Exponate, Hinweise, Grafiken und Texttafeln auch ihr eigenes Vertreibungsschicksal weckten.
Weitere politische Informationsbesuche waren für die Reisegruppe vorbereitet worden. Gern fanden sich die Lipperinnen und Lipper in der NRW-Landesvertretung ein, um dort von der Wichtigkeit dieser repräsentativen Einrichtung als Bindeglied für eine konstruktive Mitarbeit im Bundesrat zu hören.

Einen nachhaltigen und gedankenreichen Input für einen lebhaften Gedankenaustausch gab Prof. Dr. Gernot Wolfram in der Bundeszentrale für Politische Bildung. Er zentrierte das Gespräch auf die Frage, was denn die Demokratie auszeichne. Als überzeugendes Ergebnis erfuhren alle, dass die Demokratie getragen und geleitet werde von Werten, die insbesondere die Freiheit beträfen. Schnell trugen die Anwesenden mehr als ein Dutzend zentrale Freiheiten, die wir alle wie selbstverständlich genießen, zusammen. Wolfram zeigte an mehreren Beispielen auf, wie schnell diese Werte kollidieren können und nach einer meist schwierigen Lösung suchen. Damit die notwendigen Kompromisse nicht willkürlich und emotional entschieden werden, helfe hier die wissenschaftliche Orientierung. Die Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse liefere die notwendigen Belege gegen Alltagsmeinungen, Vorurteile und böswillige Interpretationen, radikale Strömungen und politische, nicht offen bekannte Absichten, also gegen Demokratiegefahren.

Was wäre ein Berlinbesuch ohne eine begleitete Stadtrundfahrt? “Berlin ist eine ständige Baustelle”, meinte der Stadtführer. Architektonisch reizvolle Neubauten, der quirlige Verkehr und die Veränderungen und Renovierungen in bekannten Straßenzügen und als Höhepunkt das neue “Humboldtforum” beeindruckten nachhaltig.

Die pünktliche Rückfahrt mit der Deutschen Bahn beschloss den gelungenen und nachwirkenden “Schnupperkurs für Demokratie”.

FOTO: Bundesregierung/Sabine Mittermeier